Akte: 1985–1999

Die zur Schau getragene Auseinandersetzung mit weiblicher Nacktheit und Erotik durch einen katholischen Priester löst ambivalente Gefühle zwischen Überraschung, Projektionssucht bis Befremden und Abneigung aus, obgleich es für einen bildenden Künstler nichts Außergewöhnliches ist – die Auseinandersetzung mit dem menschlichen Körper ist für ihn sogar unabdingbar. Finks Akte entstehen unter dem Primat der Schönheit, oder wie er es Simone Weil ganz in seinem Sinne sagen lässt: »Die Schönheit ist der Experimentalbeweis, dass die Menschwerdung Gottes möglich ist.«
Finks hochformatige Akte aus dem Jahr 1998 haben in ihrer lasierenden Malweise, den zarten Konturen und der sporadischen Binnenzeichnung etwas Ephemeres. Gleich einem flüchtigen Schatten, eingespannt zwischen Verschwinden und Manifestation, verharren sie in der Schwebe und versinnbildlichen die Flüchtigkeit und Fragilität von Schönheit.
Noch in seinem letzten Lebensjahr entsteht eine vielteilige Serie, die weibliche Körper ausschnitthaft vor einem dumpfen, braunen Fonds zeigt. Mit goldgelben Konturen grenzt er sie von ihrem sumpfigen Umfeld ab und bringt sie zugleich zum Leuchten. Dabei handelt es sich weniger um den voyeuristischen männlichen Blick auf einen weiblichen Körper, sondern um landschaftlich begriffene Körperformen – ›Aktlandschaften‹, wie er sie nennt.
Die Wüsten, die oststeirischen Hügel, die Akte sind für Josef Fink gleichermaßen zu Sehnsuchtsorten geworden, die, erfüllt oder unerfüllt, die Trias des Schönen, Wahren und Guten treffen möchten, deren Austauschbarkeit in der abendländischen Tradition tief verwurzelt ist.